Ergänzend zu meinem Artikel in der Zeitschrift ,rohrblatt‘ zum Thema Blattschneider, möchte ich hier die einzelnen Blattschneider und die mit ihnen herstellbare Qualität der Rundungen ausführlicher darstellen...

 

Aus eckig wird rund und ....

Begrifflichkeiten...


Die Vielfalt der verwendeten Begriffe, für die speziellen Vorrichtungen, die man zur Herstellung der Blattspitze verwenden kann, ist an sich schon verwirrend genug:


Blattschneider, Blattclip, Blatttrimmer, Blattzwicker,...


Dazu kommt, dass die Zuordnungen von Begriffen und Arbeitsweise der speziellen Werkzeuge und Vorrichtungen nicht immer ganz korrekt in Bezug auf die tatsächlich verwendeten Bearbeitungstechniken sind.

Daneben lassen sich auch andere Werkzeuge oder Methoden der Bearbeitung einsetzen, auf die man zunächst gar nicht kommen würde:


Schere, Nagelclip, Schleifpapier, Münzen und Flamme, Lasercutter,...


Einige der Methoden bzw. Werkzeuge erscheinen zunächst ungewöhnlich. Es lassen sich jedoch mit jeder Methode und allen genannten Werkzeugen - mit etwas Übung und Feingefühl - brauchbare Ergebnisse erzielen. In der Praxis kann es tatsächlich sogar Sinn machen, verschiedene Techniken zu kombinieren.


In der Literatur


Bei Sichtung der relevanten Veröffentlichungen zum Thema Blattbau fällt auf, dass das Thema Herstellung der Blattspitze eher am Rande behandelt wird. Meist wird nur kurz auf die Verwendung eines Blattschneiders hingewiesen. Hanstoni Kaufmann beschreibt - in seinem sehr empfehlenswerten Buch über die händische Blattherstellung in der Wiener Tradition - wie mit Hilfe eines Schleifpapierbogens, die Herstellung der Rundung ohne den Einsatz spezieller Werkzeuge gelingen kann. In Michael Drapkins Buch kürzlich erschienenem Buch zur Blattnachbearbeitung fertiger Blätter wird sogar grundsätzlich die Sinnhaftigkeit der Verwendung von Blattschneidern in Frage gestellt, da beim Einkürzen von kommerziellen Blättern die Blattzunge in der Regel nachgearbeitet werden muss.


Vielerorts der etwas traurige Stand der Dinge …

Viele Klarinettisten und Saxophonisten haben - oft schon seit Schülertagen - einen Blattschneider zu Hause oder im Instrumentenkoffer. Meist werden diese nach einigen mehr oder weniger frustrierenden Probierversuchen mit kommerziell hergestellten Blättern in einer Schublade oder im Instrumentenkoffer verstaut und vergessen.


Probieren und Studieren

Im Laufe meiner Recherchen und Versuche habe ich einige interessante Hinweise bekommen und Einsichten zur Herstellung oder Bearbeitung der Blattspitze gewonnen.

Im Folgenden sind alle mir bekannten Vorrichtungen und Methoden dargestellt. Eine Marktübersicht der zurzeit neu oder häufig kaum gebrauchten Vorrichtungen mit ist in die Übersicht eingearbeitet, um dem interessierten Musiker Hinweise bei diesem kritischen Arbeitsschritt an die Hand zu geben.









Systematisierung

Viele Wege führen nach Rom. Nahezu genauso viele Möglichkeiten, Werkzeuge und Methoden gibt es, um die Rundung der Blattspitze herzustellen bzw. die Blattspitze zu kürzen und an das verwendete Mundstück, Klangvorstellung und die eigenen Erfordernisse bezüglich des Blaswiderstands usw. anzupassen.



Da ich neben der Musik auch Technik studiert habe, lag es für mich auf der Hand, als Kriterium zur Systematisierung die verwendeten Bearbeitungstechniken und Methoden zu verwenden. Es lassen sich grundsätzlich folgende Fertigungstechniken unterscheiden:


Schneiden, Scheren, Schleifen, Feilen, Brennen, Lasern


Die  Fertigung der Blattspitze folgt im Wesentlichen den in der DIN8580ff beschriebenen Fertigungstechniken. Es handelt sich um trennende Verfahren.

Von primärer Wichtigkeit für viele Musiker ist die Übereinstimmung der Blattspitze mit der Rundung des verwendeten Mundstücks. Die Symmetrie der beiden Seiten sollte auf jeden Fall gegeben sein, da unsymmetrische Blätter häufig eine Neigung zum Pfeifen aufweisen. Ursache für die ungenügende Qualität der angefertigten Blattspitze ist meist die Ungeduld des unerfahrenen Blattbauers oder einem nicht angemessen funktionierendem Werkzeug.

Die Herstellung der Blattrundung ist einer der kritischsten Arbeitsschritte. Allerdings bietet die individuelle Anpassung des selbstgebauten Blattes an die Erfordernisse des Spielers Möglichkeiten, die kommerzielle Blätter kaum bieten können. 

Der Kauf eines Werkzeugs ist nur der erste Schritt zur handwerklichen Beherrschung - ebenso wie der Kauf eines Instruments noch keinen Musiker macht. Es gibt kaum ein Werkzeug, bei dem es so viele Klagen über die Qualität gibt. Häufig ist aber die Unerfahrenheit und Unbeholfenheit der Benutzer entscheidend für die erzielte Qualität der Rundung.


„Ungekürzte“ Blätter anspielen

Der Selbstbauer hat auch in der Bau- und Anpassungsphase die Möglichkeit, ein unfertiges Blatt auszuprobieren. Das wirkt auf den ersten Blick kurios, funktioniert aber viel besser als man zunächst vermutet.

Es gibt Musiker, die erst eine Weile auf so einem halbfertigen Blatt spielen und diverse Anpassungen vornehmen, bevor sie die Rundung der Mundstückspitze entsprechend herstellen. Zu diesem Zweck gibt es einige Vorrichtungen, Hilfswerkzeuge oder Vorgehensweisen, die ich im Folgenden erläutern und die zurzeit verfügbaren „Helferlein“ vorstellen möchte. Die Einordnung in die verschiedenen Kategorien erfolgte mit Blick auf die verwendete Fertigungstechnik.





Methoden im Überblick


1. Blattschneider - häufigste Variante


Das Blatt liegt auf einem Metallbett auf und eine eng vorbeigeführte Klinge schert den Überstand ab. Nach diesem Prinzip arbeiten die meisten am Markt erhältlichen Vorrichtungen.

Vorrichtungen dieser Art gibt es schon sehr lange und sie funktionieren bei hochwertigen Ausführungen sehr gut. Je ungenauer die beiden Metallzungen zueinander passen, desto schlechter das Scherergebnis.




Cordier - heute Marca 

Bild Vorder- und Rückseite mit und ohne Modifikation


Sehr populär und den meisten Musikern  bekannt sind die kleinen Vorrichtungen der Firma Cordier,

Die Firma Cordier bietet seit über einem  Jahrhundert für alle Größen von Klarinetten und Saxophonen einfache Vorrichtungen zum Kürzen der Blattspitze an. Von Kontrabassklarinette bis Es-Klarinette und von Basssaxophon bis Sopranino sind Modelle verfügbar.

Mittlerweile wurde die Produktion und der Vertrieb von der Firma Marca übernommen. Man sollte, wenn möglich, beim Kauf darauf achten, dass die entstehende Blattspitze mit dem verwendeten Mundstück übereinstimmt und möglichst symmetrisch ist. Einige Musikalienhändler bieten den kostenfreien Umtausch bei Nichtgefallen.

Das Blatt soll mit Hilfe einer Metallklammer auf dem Schlitten aufgespannt werden und mit Hilfe einer Schraube so an den schneidenden Teil

Zugeführt wird.

Auf der englischsprachigen Internetseite www.clarinetreedmaking.com findet sich ein Vorschlag für den Umbau des Cordier-Blattschneiders. Dabei wird die Halteklammer zur Fixierung und der Schlitten, mit dem das Blatt zur Abschereinrichtung vorgeschoben wird, entfernt. Mir fällt die Zentrierung des Blattes nach der Modifikation viel leichter als mit der angebrachten Haltevorrichtung.

Ich kann den Umbau empfehlen, zumal der Blattclip jederzeit in den Ursprungszustand versetzt werden kann, falls man die Miniaturschräubchen nicht verliert. Diese sollten gut aufbewahrt werden, da man sie verwenden kann, falls eine der Schrauben am Werkzeug verloren gehen sollte.

In der über hundertjährigen Produktionsgeschichte, kam es immer mal wieder zu Klagen über die Qualität. Die von mir in den letzten Jahren erworbenen Cordier-Blattschneider sind alle von sehr guter Qualität und bieten keinen Anlass zur Kritik. Man muss nur die passende Form zum verwendeten Mundstück finden und sich im Umgang mit dem Werkzeug gut einarbeiten.


Prestini ... (Italien oder Frankreich)


Die unter verschiedenen Herstellernamen verkauften Blattschneider arbeiten nach dem gleichen Prinzip. Die Zuführung des Blattes geschieht mittels der großen Schraube. Insgesamt wirkt dieses Werkzeug viel weniger wertig. Es besteht aus leichterem Material (Plastik und Blech). Die Metallteile sind viel dünner und es neigt dazu, sehr schnell Rost anzusetzen. Bei gut gewählten Modellen und sorgsamem Umgang und Aufbewahrung kann man damit gute Ergebnisse erzielen.


Extrem günstige Blattschneider chinesischer Herkunft


Auf den einschlägigen Verkaufsplattformen im Internet lassen sich nach kurzer Suche schlichte Blattschneider finden, die aus China versendet werden. Ich habe mir zwei identische Modelle bestellt, um zu sehen, wie sich Verarbeitung und Handhabung darstellen. Der Preis liegt bei ungefähr 5-10% der europäischen Traditionsprodukte.

Leider ist die Verarbeitung mangelhaft. Die Vorrichtungen verklemmen leicht. Die Symmetrie der Blattspitze ist ungenügend und die Ergebnisse frustrierend. So verlockend der Preis ist, kann ich zur Zeit vom Kauf nur abraten. Ich hoffe, dass sich in Zukunft die Qualität bessert.


Vandoren - aktuelle Modelle

 

Die Firma Vandoren bietet aktuell Blattschneider an, die nach dem scherenden Prinzip arbeiten. Die verwendeten Schneiden entsprechen in ihrer Form den in der Herstellung kommerzieller Blätter verwendeten Formen. Man kann also passgenau zum Blatt des Herstellers einen Blattschneider erwerben. Vandoren wirbt mit den hochwertigen Klingen, die denen entsprechen sollen, die in der industriellen Fertigung verwendet werden. Eine Besonderheit stellt auch die Vielfalt der angebotenen Formen dar. Es gibt zu den verschiedenen Blattsorten zugehörige Vorrichtungen.  Um die passenden Blätter der Firma zu kürzen sind sie perfekt geeignet, zumal die Qualität der erzielten Blattspitzen hervorragend sind.

Für den Selbstbauer sind diese Blattschneider unmodifiziert nur bedingt zu gebrauchen, da sie was die absolute Blattlänge angeht nur einen sehr begrenzten Einstellbereich haben.


2. Feilen mit einem Anschlag


Es besteht auch die Möglichkeit die Blattspitze beim halbfertigen Blatt mit einer Feile und einem Anschlag, der die gewünschte Form hat, zu feilen. Dabei ist zu beachten, dass zum Anschlag hin gefeilt wird, da ansonsten das Rohrholz ausbrechen kann.

Einen solchen Anschlag kann man sich auch aus gehärtetem Stahl fertigen lassen. Ein örtlicher Werkzeugmacher oder Maschinenbauer sollte dies  leicht bewerkstelligen können.

Dieser Anschlag kann ohne nennenswerte Abnutzungserscheinungen über einen längeren Zeitraum verwendet werden. Lohnenswert in den Fällen, bei denen man z.B. keinen passenden Blattschneider zu einem historischen Mundstück findet.

Als Demonstrationsobjekt ist ein Anschlag für Kontrabassklarinette zu sehen. Hergestellt habe ich ihn aus Plexiglas.




3. Verwendung eines Blattschneiders mit feststehender Klinge


Bei diesem Typ wird die Blattspitze auf die sehr dünne Klinge gelegt und ein mit einem Presswerkzeug auf die Klinge gedrückt. Die Spitze des Blattes wird gestanzt. Um die Blattspitze nicht mechanisch zu deformieren und die Klinge nicht zu zerstören, ist eine gummiartige Zulage auf dem beweglichen Presswerkzeug angebracht


Vandoren - Blattschneider (altes Modell)

 

Das Vorgängermodell des heute erhältlichen Blattschneiders von Vandoren ist in manchen Musikhäusern oder auf dem Gebrauchtmarkt noch erhältlich. Die Justage wird mittels Madenschrauben vorgenommen, die einen Anschlag verschieben und so eine feinfühlige Ausrichtung des Blattes ermöglichen. Beim eigentlichen Schneidevorgang ist hier die Blattspitze nicht sichtbar.


4. Verwendung eines Blattschneiders mit  beweglicher Klinge


Eine Klinge schneidet von oben die Blattspitze. Unter dem Blatt ist eine spezielle Zulage, die verhindert, dass die Klinge ins Metall des darunter liegenden „Amboss“ schneidet und stumpf wird. Vergleichbar einem Küchenmesser mit Schneidebrett.



DiLutis - Blattschneider


Robert DiLutis bietet neben anderen Blattbauwerkzeugen auch einen Blattschneider an. Dieser verwendet eine Rasierklinge und austauschbare Profile, um die Blattspitze dem Mundstück entsprechend schneiden zu können. Beigelegt sind Ersatzklingen, falls die verbauten Klingen irgendwann stumpf werden sollten. Vorteilhaft sind die austauschbaren Profile, was sonst kein anderer Blattschneider am Markt bietet. Es sind alle Werkzeuge beigelegt, die man zum Umbau des Blattschneiders braucht.

Versierte Bastler mit entsprechender Werkzeugausrüstung und handwerklichem Geschick könnten Austauschprofile herstellen oder herstellen lassen, um individuelle Rundungen zum Beispiel für historische Klarinetten damit machen  zu können.

Die Blattspitze is gut sichtbar, da die Vorrichtung an der der Klinge aus Plexiglas gebaut ist. Eine sehr durchdachte und eigenständige Konstruktion. Es lassen sich mit etwas Übung sehr gute Ergebnisse erzielen.


5. Verwendung einer Schere


Geübte Scherenschnittkünstler können ohne große Mühe die Spitze eine Blattes frei Hand oder mit Anzeichnung nur mit einer Schere zurechtschneiden. Beim Schneiden mit der Schere sollte eine hochwertige Scherenschnittschere bzw. Silhouettenschere mit minimalem Spiel verwendet werde. Idealerweise sollten eng aneinander vorbeigeführte, scharfe Scherenschenkel benutzt werden, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erhalten. Die gewünschte Kontur kann man mit Hilfe eines alten Blattes mit eines Bleistifts vorzeichnen.


6. Verwendung eines Nagelclips


Mit etwas Übung lässt sich auch mit einem sogenannte Nagelclip eine adäquate Blattrundung herstellen oder zum Beispiel die Blattecken gezielt nachbearbeiten. Anders als bei der Schere laufen hier die Klingen aufeinander zu und schneiden von beiden Seiten. Also kein abscheren aneinander vorbei geführter Klingen sondern ein reiner Schneidevorgang.. Bei qualitativ hochwertigen Nagelclips und handwerklichem Geschick erhält man perfekt geschnittene Kontur der Blattspitze.


7. Schleifen mit einem Bogen Schleifpapier (freihändig)


Bei der Bearbeitung mit Schleifpapier handelt es sich um ein trennendes Verfahren mit geometrisch unbestimmter Schneide.

Falls man keinen Clip mit zum eigenen Mundstück passenden Rundung findet bietet sich die bei Hanstoni Kaufmann beschriebenen Methode mit Hilfe eines Schleifpapierbogens an. Viele Musiker, die in der Wiener Tradition Blätter bauen, schwören auf diese Methode. Mit etwas Übung lassen sich perfekt symmetrische, an die Mundstückrundung angepasste Blattspitzen schleifen. Dazu nimmt man einen Schleifpapierbogen (Körnung 800-1000).


8. Brennen

Mit Hilfe einer Münze und eines Streichholzes lässt sich die Form auch brennen. Einige Musiker aus den USA haben mir erzählt, dass es früher üblich war mit einem oder zwei Vierteldollarmünzen und einem Streichholz oder Benzinfeuerzeug Blattspitzen zu kürzen. Britische 2 Pence Münzen gehen ebenfalls sehr gut.  Man findet  immer wieder Berichte über die positiven Eigenschaften solcherart hergestellter Blattspitzen. Die Fasern sollen weniger Feuchtigkeit aufnehmen und das Blatt dadurch haltbarer sein.

Es soll auch eine spezielle Vorrichtung von der Firma Runyon dafür gegeben haben. Leider konnte ich keinerlei Bilder oder weitergehende Information dazu finden.

Die Flamme eines Gasfeuerzeugs erzeugt viel mehr Hitze und zerstört das Blatt viel schneller. Eigene Versuche sind ohne großen finanziellen Aufwand möglich und können für experimentierfreudige Musiker eine ernsthafte Alternative zu den am Markt erhältlichen Werkzeugen sein.

Warnhinweis: Beim Umgang mit Feuer ist immer besondere Vorsicht geboten!


9. Lasercutter

Vor ein paar Jahren noch undenkbar, könnte man vermuten, dass es bald möglich sein wird Blattspitzen mit Lasercuttern zu schneiden. Erste Versuche sind vielversprechend und bedürfen noch der Optimierung. Lasercutter werden immer günstiger und individuelle Schneidkurven lassen sich problemlos am Computer erstellen und am fertigen Blatt probieren.


Vergleich Selbstbaublätter und Kaufblätter

Wieso sich der ganze Aufwand vielleicht doch lohnt...


Gerade bei der schrittweisen Anpassung der Blattspitze und der möglichst genauen Erzielung des gewünschten Blaswiderstandes sind Bereiche, in denen der Selbstbauer einen unbestreitbare Vorteile hat.

Um den Vorteil in Gänze zu verstehen, sollte man um die Vorgehensweise im industriellen Bereich unterrichtet sein. In der Regel werden Keile in einer Fräsmaschine oder Hobelmaschine fertig gefräst oder gehobelt und die Rundung derSpitze vorgenommen. Danach findet eine Sortierung in die unterschiedlichen Stärken statt. Dies geschieht mit Vorrichtungen, welche die den Biegewiderstand der Blätter messen. Eine solche Vorrichtung für den ambitionierten Selbstbauer bietet die Firma Uhl-Technik, die auch Maschinen und Vorrichtungen für die industrielle Herstellung von Blättern baut.


Die Einteilung der Blattstärken ist firmenspezifisch und nicht genormt. Es kursieren einige Vergleichstabellen im Internet, die versuchen eine ungefähre Einordnung und Vergleich der verschiedenen kommerziell erhältlichen Blätter zu bieten.

Einerseits sind der Keil eines 2.5er Blattes und eines 4.5er Blattes sind vom Aufbau her gleich. Der Unterschied liegt in der Streuung der Elastizität des Rohrholzes. Manche Musiker verwenden deshalb 4.5 oder 5 Blattstärke und passen Sie an das verwendete Mundstück an, da sie glauben, dass das Rohrholz eine bessere Qualität hat.

Die Firmen schneiden die Blätter in einem optimalen Bereich für die Ansprache, der bei ca. 11-13 Hundertstel Millimeter Blattdicke liegt.

Der Selbstbauer lässt das Blatt auf dieser Dicke „auslaufen“ und tastet sich bei der Herstellung der Blattspitze individuell an das für ihn gewünschte Optimum für das individuelle Blatt und den eigenen Anforderungen heran.


Hilfslinie(n) an der Blattspitze

Es hat sich vorteilhaft erwiesen eine Markierung an der Blattspitze quer zur Faserrichtung mit einem Bleistift einzuzeichnen. In meinem Fall der „Auslaufbereich“ des Blattes mit der für mein Mundstück und dem von mir zur Zeit verwendeten Rohrmaterials idealen Dicke der Blattspitze bei ca. 13bzw.14/100mm. Dieser Wert kann je nach verwendetem Mundstück und der individuellen Tonvorstellung variieren.


Beim Einkürzen der Spitze nähere ich mich dieser Linie und überprüfe beim Anblasen, ob der Widerstand des Blattes meinen Anforderungen entspricht. Grundsätzlich empfehle ich, sich langsam an das Optimum heranzutasten.

Entscheidend ist es, ein Gespür dafür zu entwickeln, wie sich das Kürzen auf das Spielgefühl auswirkt. Da sich Blätter beim Einspielprozess noch relativ stark in ihrem Spielverhalten ändern und durch Leichte Modifikationen verändert werden, sollte hier sehr kleinschrittig vorgegangen werden.

Hier geht der Arbeitsschritt des Einkürzen- und Rundens in den Einspiel- und Modifikationsprozess nahezu nahtlos über.

Über das Einspielen gibt es fast viele Ansichten, wie es Klarinettisten gibt. Es gibt ganze Bücher, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Meine Ansichten zu diesem Thema sind ein eigenes Kapitel und würden den Rahmen dieses Artikels sprengen.


„Üben“ - handwerkliches Geschick entwickeln

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

Die Frustration über eine asymmetrische oder zu stark gekürzte Blattspitze ist riesig, da man in beiden Fällen die ganze Blattoberfläche nacharbeiten muss. Die beste Methode im Umgang mit Werkzeug umzugehen, besteht darin, sinnvoll zu üben.

Als Übungsmaterial lassen sich alte Blätter oder solche mit Riss verwenden. Allerdings ist nach 2-3 Versuchen die Blattspitze zu dick, um zielführend daran zu arbeiten.

Alternativ bieten sich Papierstreifen in Breite der Blattspitze an, mit denen man seine Fertigkeiten trainieren kann.


Mit allen Sinnen dabei sein - Hören, Fühlen...

Man sollte meinen, dass Musiker ein gutes Gehör haben. Aber nur wenige setzen dies gezielt außerhalb ihres Kerngeschäfts ein. Geübte Blattbauer, die mit ihren Werkzeugen vertraut sind hören während des Schneidvorgangs, ob die Blattspitze zu dick ist. Sie spüren den zu hohen Widerstand am Werkzeug noch bevor sie dies spielend verifizieren müssen. Der meist leicht unterschiedliche Widerstand, den die Rechte und linke Blattspitze haben lässt sich mit einem Finger erspüren. 2-3/100mm lassen sich mit etwas Übung hören und spüren.


Tipps: Alternativen zum Kürzen

Manchmal kommt man in die Situation, dass ein Kürzen des Blattes zu viel wäre und die Spieleigenschaften negativ beeinflussen würde. Andererseits, das Blatt um weniges zu leicht ist.

Schleifen

Ist ein Blatt nur ein wenig zu leicht kann man es auch wie folgt bearbeiten:

Mit Druck auf den hinteren Teil schleifen. Der Abstand von Blattspitze und Mundstück wird etwas grösser also ändert sich das Spielgefühl. Vergleichbar einer etwas offeneren Bahn oder eines etwas schwereren Blattes.


Biegen

Man kann Blätter auch biegen.

Nachteile: Es ist kein sehr lang anhaltender Effekt und das Blatt kann dabei zerstört werden. Man kann ein Blatt auf einer ebenen Fläche vorsichtig biegen. Alternativ kann man ein anderes Blatt nehmen und damit vorsichtig das aufgebundene Blatt am Mundstück etwas aufbiegen. Die Blätter sollten beim Biegevorgang feucht sein, da sie dann eine größere Elastizität haben und sich besser biegen lassen. Es gibt Musiker, die verwenden Altsaxophonblätter zum Aufbiegen von Klarinettenblättern und haben damit bessere Erfolge als bei der Verwendung von Klarinettenblättern.

Der Effekt hält - abhängig von Blatt und individuellem Anpressdruck während des Musizierens - meist nicht sehr lange an.


Anmerkung und Tipp für Musiker auf Reisen

Der gefühlte Blaswiderstand ist stark von der Höhe über NN besser bekannt als Meeresspiegel und dem dadurch stark veränderten Luftdruck abhängig. Auf Konzertreisen sollte man immer eine Auswahl an etwas zu leichten Blättern zur Hand haben, um notfalls auf die Gegebenheiten vor Ort reagieren zu können. Auch extreme Trockenheit oder Luftfeuchtigkeit beeinflussen sowohl die Schallübertragung der Luft wie auch die Spieleigenschaften unserer Instrumente.

Grau ist alle Theorie


Im Rahmen eines Kurses oder Coachings könne Sie die am Markt erhältlichen Blattschneider und Bearbeitungsmethoden selbst ausprobieren und so herausfinden, mit welchem Werkzeug Sie am Besten zurechtkommen


klarinettentipps@icloud.com